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„Ich wünsch` mir Spiele ohne Leiden und dass Borussia heut` gewinnt...“
So hätte ich mir das letzte Woche eigentlich gewünscht. Wie wir alle wissen, ist leider beides am vergangenen Samstag nicht eingetreten. Mit etwas Abstand werde ich mal versuchen, alles was so letztes Wochenende und in der kompletten Saison passiert ist, halbwegs sinnvoll einzuordnen. Und natürlich muss man diesmal am Ende anfangen.
Samstag, 27.05.23, keine Ahnung um wie viel Uhr, Abpfiff! Endstand Borussia 2, Mainz 2. Das Westfalenstadion erstarrt in bleierner Stille. Statt überbordender Freude und Meistertaumel, Ratlosigkeit! Wie konnte das passieren? Die Gesichter leer, ungläubige Gedanken schwirren durch die Köpfe. Träume ich? Ich wünsche jemand stupst mich an und ich wache auf. Doch mir schwant, es ist wahr. Aus, Ende! Ich blicke um mich und sehe allenthalben ausdruckslose Minen, die versuchen das eben erlebte irgendwie zu fassen. Dröhnendes Schweigen wabert über der Süd. Jemand hat den Stecker gezogen. Keine Energie um der Enttäuschung Luft zu machen. Einfach nur Leere und Fassungslosigkeit. Die Süd blickt ungläubig aufs Spielfeld zu den Spielern. Die Spieler blicken ungläubig auf die Fans auf der Süd. Keiner weis etwas mit sich anzufangen. Sprachlos vergehen die Minuten. Auch wenn es merkwürdig klingt, aber in diesem Moment sind sich Fans und Mannschaft wohl nie näher gewesen. Alle blicken in die gleichen leeren Augen und versuchen aus dem Sinn zu machen, was alle in diesem Augenblick eint. Wie konnte das passieren? Irgendwann kehrt Aktivität in die Gehirne zurück. Aufmunterndes Klatschen setzt ein und man erinnert sich daran, dass Edin Terzic einer von uns ist. Einer der da unten genauso leidet, wie wir da oben. Und ja, auch der eine oder andere unvermeidliche Assi hat seine Stimme wieder gefunden und pöbelt was von scheiß Millionären und Söldnern, die sich verpissen sollen. Ich denke mir, hoffentlich bist du Schwachmat so enttäuscht, dass nächste Saison lieber zu Helene Fischer gehst als ins Westfalenstadion. Aber ich befürchte auch kommendes Jahr, wird eine gewisse Menge von geistigen Tieffliegern wieder die Ränge füllen. Anstatt auf dem Rasen die Meisterschaft zu feiern ist es nun Zeit zu gehen. Block Drölf leert sich ein letztes mal. Wir alle hatten uns das anders vorgestellt.
Einige Stunden zuvor. Alles war angerichtet um die 9. Meisterschaft zu feiern. Ein herrlicher Frühlingstag, die Sonne strahlte mit den erwartungsvollen Gesichtern um die Wette. Durch die Stadt strömten zehntausende fröhlich gelaunte schwarz-gelbe Menschen. Vorfreude und Meisterlaune wohin man blickte. Der Friedensplatz bierselig bevölkert. Überall bieten Straßenhändler Meister T-Shirts an. Das lassen wir uns nicht mehr nehmen. Alles in eigener Hand. Ein Sieg und nach elf langen Jahren kehrt die Meisterschale zurück nach Dortmund. Also ab ins Westfalenstadion. Noch 90 Minuten Fußball und die Party kann beginnen. Eineinhalb Stunden vor Anpfiff, die Süd ist schon picke packe voll. Freudige Anspannung überkommt die Tribüne. Sonst eher skeptisch und vorsichtig, bin ich mir sicher, das kann heute nicht schief gehen. Optimistisch wie nie zuvor fiebere ich dem Anpfiff entgegen. Die Stimmung ist ausgelassen und voller Vorfreunde. Zweifel haben heute keinen Platz in meinem Gedanken. Vor meinem geistigen Auge stelle ich mir schon vor, wie Marco Reus endlich die Meisterschale in den Dortmunder Himmel reckt.
„Jürgen Kohler und Lars Ricken, Julio Cesar, Timo Konzietzka, Siggi Held und Adi Preißler, Borussia Dortmund für immer Deutscher Meister!“
Doch dann... begann das Spiel. Mit jeder Minute die das Spiel dauerte, verflog mein Optimismus. Ein ungutes Gefühl kroch mir in den Nacken. Die werden doch nicht? Doch, die vor Angst klitschnassen Finger der Spieler flutschten nach und nach von der so sicher geglaubten Meisterschale. Das Drama nahm seinen Lauf. Man konnte die bleierne Nervosität der Mannschaft spüren. Nichts sollte gelingen. 0:1, aufwachen Jungs! Foul, VAR, Scheiß DFB! Haller schnappt sich den Ball von Can. Warum? Verschossen! Weiter Jungs! Wieder Foul. Keine VAR! Warum? Selbst von Block 12 konnte man sehen wie Guerreiro einfach über den Haufen gerannt wird. 0:2, ach du Scheiße! Halbzeit. Auf geht’s Jungs! 45 Minuten Zeit. Zweifel und Hoffnung führen Krieg in meinem Kopf. Die Zeit tickt, der Scheiß Ball will nicht ins Tor. 1:2 Guerreiro. Noch 20 Minuten! Jetzt nachlegen. Denk an Malaga, denkt an Malaga! Die Ersatzbank springt auf. Was ist los, Frage in die Runde. Köln 1:1. Macht der FC uns zum Meister, wenn wir selbst zu blöd dazu sind? Meine Gedanken fahren Achterbahn. Letzte Hoffnung Müngersdorf! Der Ball will nicht ins Tor. Es macht die Runde, 2:1 für die Bayern! Noch 2 Tore! Ich glaub nicht dran. Nachspielzeit, 2:2. Kein Jubel, die Luft ist raus! Abpfiff!
So viel zum letzten Spieltag. Und die 33. Spieltage zuvor? Im Grunde passte das Finale zu einer Saison mit Höhenflügen und Tiefpunkten. Die Bandbreite reichte vom verpassen der Champions League Plätze bis zur fast sicheren Meisterschaft. Am Ende der letzten Saison verabschiedete sich das blonde norwegischen Tormonster gen Manchester. Haaland machte in der Premier League dort weiter, wo er bei uns aufgehört hat und schnappte sich gleich den Record als Torjäger. Als Ersatz verpflichtete Borussia Sebastien Haller. Kaum angekommen, die niederschmetternde Diagnose Hodenkrebs. Was nun? In einer Nacht und Nebel Aktion wurde Tony Modest vom Rhein an die Ruhr gelotst. Bilanz nach 34. Spieltagen, 2 Tore! Für einen Stürmer, sagen wir mal suboptimal. Mein französisch ist etwas eingerostet, aber ich meine mich zu erinnern, dass Modest auf deutsch mit Missverständnis übersetzten kann. C`est la vie, das Tor gegen die Bayern ist ein kleiner Trost. Mit der Rückrunde kam Haller zurück. Emotional. Mit jedem Spiel merkte man, wie er langsam aber sicher zu seiner Form kam. Mal sehen wie eine komplette Saison mit ihm aussehen wird. Aber Sebastien, lass bitte Emre die Elfmeter schießen!!!
Auf dem Flügel sicherte man sich die Dienste von Karim Adeyemi. Hoch talentiert, schnell, dribbelstark und anfangs extrem wirkungslos. Die Flügelzangen Adeyemi und Malen nahe am Totalausfall. Wenn ich am Anfang der Saison Edins Handynummer gehabt hätte, wäre mein Anrufe wohl folgendermaßen verlaufen: „Tag Edin, sag mal warum lässt du denn den Karim rechts und Donyell links spielen? Sind die denn auf der jeweiligen anderen Seite nicht viel besser?“ Aber offensichtlich hat sich dann jemand bei Edin gemeldet, der seine Nummer tatsächlich hat. Und siehe da, alle beide blühen plötzlich regelrecht auf und spielen die Gegner schwindelig. Also, geht doch. In der Abwehr verstärke man sich mit Nico Schlotterbeck und Niklas Süle. Auch hier funktionierte anfangs nicht alles reibungslos. Schlotterbeck wirkte zu Beginn etwas über motiviert und hatte schon den einen oder anderen Bock in seinem Spiel. Die eine oder andere Verletzung kam dann noch dazu, so dass man wohl von einer ordentlichen Debütsaison sprechen kann, die sicherlich noch Luft nach oben hat. Aber er hat sicherlich das Potential die Zukunft der Dortmunder Innenverteidigung zu sein. Niklas Süle kam von den Bayern. Auch hier lief anfangs nicht alles rund. Doch mit Dauer der Saison ruckelte sich auch bei ihm einiges zu recht. Am Ende der Saison bildete er mit Mats Hummels eine recht solide Innenverteidigung. Somit wird wohl Süle und Schlotterbeck auf absehbare Zeit den Dortmunder Abwehrverbund anführen. Und wenn`s mal hackt, steht Mats Hummels zumindest für ein weiteres Jahr bereit. In der Winterpause bediente sich Borussia etwas überraschend bei Union Berlin und verpflichtete Julian Ryerson. Auch bei ihm gab es Licht und Schatten. Seine Energie, Laufbereitschaft und Einsatz tat dem BVB offensichtlich gut. Aber Ballverluste in gefährlichen Zonen brachte seine Kollegen das eine oder andere mal in die Bredouille. Hier ist sicher keiner Böse, wenn sich Ryerson zu neuen Saison noch einmal steigern würde.
Im Tor ging Gregor Kobel in seine 2. Saison und zeigte erneut, dass er eine absolute Topverpflichtung war. Bei der hin und wieder etwas wilden Abwehr, erwies er sich als sicherer Rückhalt, der uns mit seinen Paraden den einen oder anderen Punkt sicherte. Den Mantel des Schweigens wollen wir mal über seinen Blackout bei den Bayern legen. Früher in der Saison hat er das schon mal bei Union Berlin geübt. Shit happens! Wenn er will, kann er sicherlich die Torwartposition für die nächsten 10 Jahre beim BVB prägen. Vorausgesetzt er erliegt nicht der Versuchung der Bayern Jagt für einen Neuer Nachfolger.
Mats Hummel hat offensichtlich noch mal den Ehrgeiz gepackt. Im Verlauf der Saison hat er sich zum Innenverteidiger Nummer eins gemausert. Im Zusammenspiel mit Süle oder Schlotterbeck bildete er eine oft sehr solide Innenverteidigung. Der Schnellste ist und wahr er noch nie. Dieses Manko macht er mit seinem Stellungsspiel wett. Ums so wichtiger ist es, dass er von seinen Kollegen im Mittelfeld nicht all zu oft in Sprintduelle gezwungen wird. Süle und Schlotterbeck sind die Zukunft in der Abwehr. Wie wichtig es aber ist, einen der beiden qualitativ ersetzen zu können, hat sich dieses Saison gezeigt. Somit ist die Verlängerung mit Mats sicher kein Fehler. Rapha Guerreiro wird offiziell als Verteidiger aufgeführt. Warum frage ich mich schon seit Jahren. Seine Stärken liegen unbestritten im Spiel nach vorne. Für mich ist Guerreiro ein Mittelfeldspieler, basta! Da er aber ohnehin den Verein verlassen wird, brauchen wir uns darüber den Kopf nicht mehr zerbrechen. Und dann wäre da noch Marius Wolf. Aus den eben genannten Gründen rückte er vermehrt auf die Position des Außenverteidigers. Was soll ich sagen, ich liebe Marius Wolf! Ein echter Typ und Kämpfer. Sicherlich nicht der beste Fußballer, aber das macht er mit unbändigen Einsatz wett. Der eine oder andere Wolf mehr, würde unserem Rudel sicher gut stehen.
Das Mittelfeld, die Herzkammer, traditionell mit außergewöhnlichen Talenten gespickt. Offiziell angeführt von „Opa“ und Kapitän Marco Reus. So sehr man ihm gegönnt hätte, die Schale in den Himmel zu recken, muss man aber auch feststellen, dass an ihm die Zeit nicht spurlos vorübergeht. Eine große Karriere, mit leider viel zu vielen schweren Verletzungen neigt sich dem Ende zu. Dies konnte man in dieser Saison deutlich sehen. Ein genialer Kicker, der leider mental und körperlich nicht mehr in der Lage ist einer Mannschaft seinen Stempel aufzudrücken. In der kommenden Saison werden wir sicher einen neuen Kapitän sehen und die Startelf wird im Normalfall ohne Marco auflaufen. Unbestritten unser größtes Juwel ist Jude Bellingham. Über seine Fähigkeiten braucht man eigentlich nichts mehr sagen. Der Junge ist aktuell immer noch 19 Jahre alt! Ich muss mich jedes mal zwicken. Aber auch Jude ist ein Mensch. Man hatte in dieser Saison schon bisweilen den Eindruck, das der Kerl etwas überspielt ist. WM, Bundesliga, Champions League, Nationalmannschaft. Ein ordentliches Programm, dass auch bei ihm Spuren hinterlassen hat. Und manchmal hat man das Gefühl das er sich mit seinem überbordenden Ehrgeiz manchmal selbst im Weg stehen. Das Gefühl alles auf dem Platz zu machen zu müssen, mündet leider schon mal in einer vogelwilden Leistung, die ihm und der Mannschaft nicht gut tut. Dazu passt sein unaufhörliches reklamieren und diskutieren mit dem Schiedsrichter. Hier würde ein bisschen mehr Zen gut tun. Auch bei ihm gibt es noch reichlich Verbesserungspotential. Ach ja, 19! Nie vergessen, er ist 19! Jetzt stellte euch mal Jude mit 25 vor. Wahnsinn. Das werden wir aber wohl zumindest im Westfalenstadion nicht erleben. Wahrscheinlich werden wir schon den 20jährigen Jude schon nicht mehr in unserem Tempel spielen sehen. Wie schon zu oft, stehen die Zeichen auf Abschied. Über die Fähigkeiten von Julian Brandt gibt es im Allgemeinen auch keine Zweifel. Das Problem in den vergangenen Jahre war die fehlende Konstanz. In diese Saison scheint er diese offensichtlich gefunden zu haben. In dieser Form ist Julian endlich das, was man von ihm erwartet hat. Es bleibt zu hoffen, dass wir in der neuen Spielzeit einen mindestens so guten Brandt sehen werden. US Boy Giovanni Reyna erwies sich in dieser Saison als wahrer Joker Spezialist. Ansonsten scheint das Talent auf der Stelle zu treten. Zu was er fähig ist, deutet sich immer mal wieder an. Aber Verletzungen und oft mäßige Leistungen lassen keine Konstanz zu. Er scheint nun an einem entscheidenden Punkt seine noch jungen Karriere angekommen zu sein. Schafft er den Sprung vom Talent zum Stammspieler? Das Urteil steht noch aus. Der fleißige Salih Özcan beackerte das defensive Mittelfeld. Oft unauffällig und wenn auffällig, dann leider bisweilen negativ. Ein Stabilisator ist leider Salih bisher nicht geworden. Aber wie jeder weis, bin ich in der ersten Saison ohnehin etwas nachsichtig. Überraschung der Saison ist für mich Emre Can. Endlich ist Emre auf dem Platz, was er für sich immer reklamiert hat, ein Leader! In der Vergangenheit ist Emre Can oft durch eine über motivierte Zweikampfführung aufgefallen. In Strafraumnähe erklingten bei mir immer die Alarmglocken. Und siehe da, 10 Sekunden später hatte Emre einen Strafstoß verursacht. Nicht so in dieser Saison. Mit der richtigen Portion Aggressivität und Einsatz stabilisierte er das Mittelfeld. Antreiber und Staubsauger in einem. In dieser Form ist Emre Can ein echter Gewinn für unsere Mannschaft.
Den Sturm haben wir ja teilweise schon besprochen. Das Thema Modest hat sich ohnehin mit Ende der Saison erledigt. Karim Adeyemi und Donyell Malen spielen endlich auf der richtigen Position. Bleibt zu hoffen, dass die Beiden dort weitermachen, wo sie in dieser Saison aufgehört haben. Auch die Situation mit Sebastien Haller wurde einzige Abschnitte zuvor schon angerissen. Auch hier dürfen wir gespannt sein, wie es sich entwickelt, wenn er eine komplette Saison durchspielen kann. Jamie Bynoe-Gittens war leider sehr geplagt von Verletzungen in dieser Spielzeit. Sein Potential ist immer wieder deutlich zu erkennen. Auch hier wird man sehen, ob der junge Engländer sich an die Startelf heranpirschen kann. Und da wäre noch Youssoufa Moukoko. Im Grunde gilt für ihn das gleiche wie für JBG und Giovanni Reyna. Nur dass bei ihm der Druck sicherlich noch größer ist, als bei den anderen beiden. Das ist dem Hype um ihn geschuldet, dem Verlängerungspoker und seine persönliche Geschichte bei Borussia. Und zum Schluss noch ein Wort zu Julien Duranville. Eingewechselt im letzten Saisonspiel scheint das nächste Top Talent seine Visitenkarte abzugeben. Schon in diesen wenigen Minuten konnte man erahnen, dass wieder ein Teenie mit rießigem Potential bei Borussia aufgeschlagen ist.
Was haben wir nun von dieser Saison zu halten? Ohne Zweifel wurde alles vom finalen Spieltag geprägt. Spannung bis zur letzten Minute im Meisterkampf, leider mit einem Ausgang, den wir uns anders gewünscht hätten. Dabei zeigten sich zwei recht unterschiedliche Saisonhälften. Die Hinrunde war freundlich ausgedrückt, durchwachsen. Das erste Kopfschütteln war bereits am 3. Spieltag angesagt. Heimspiel gegen Werder Bremen. In einem mäßigen Bundesligaspiel führte der BVB bis einer Minute vor Schluss eigentlich komfortabel mit 2:0. Auf den Rängen machte man sich bereit, den 3. Sieg im dritten Spiel zu feiern. Was dann folgte, hat wohl keiner der 81365 Zuschauer im Westfalenstadion jemals gesehen. In der 89. Minute erzielte Werder den Anschlusstreffer. Kurz darauf das 2:2. Und wer sich jetzt schon ärgerte, der war mit dem 2:3 endgültig bedient. Ein historischer Kollaps! Bekloppt! Und so holprig sollte die Hinserie weitergehen. In Leipzig setzte es eine 3:0 Klatsche (die sich im DFB Pokal später im Jahr wiederholte). Dem knappen Sieg im Heimderby folgte wieder einmal eine Pleite bei unseren Freunden vom FC. Dem folgte ein schmeichelhaftes, dennoch ein hoch umjubeltes 2:2 gegen die Bayern, in dem Tony Modest den last minute Ausgleichstreffer erzielte. Man rumpelte sich weiter durch die Vorrunde bevor mit den Niederlagen an den letzten beiden Spieltagen in Kalenderjahr in Wolfsburg und Gladbach die Hinrunde endgültig versaute. Gerade so reichte es noch für den letzten Europa League Platz in der Tabelle. Das Wort Meisterschaft konnte zu diesem Zeitpunkt noch nicht mal einer buchstabieren. Woran lag es? Es gibt sicherlich einige Erklärungsansätze. Hallers Krebserkrankung, Ersatz Modest funktionierte überhaupt nicht. Neuzugang Adeyemi war in der ersten Saisonhälfte im Grunde ein Totalausfall. Bellingham wirkte bisweilen müde und überspielt. Kapitän Reus konnte seiner Führungsrolle nicht mehr gerecht werden. Die eine oder andere Verletzung half sicherlich auch nicht. Irgendwie passte zu diesem Zeitpunkt alles nicht zusammen.
Die Champions League Gruppenphase hatte man überstanden. Gegen Manchester City gab es eine unglückliche Auswärtsniederlage (ja, Ööörling hatte kurz vor Schluss etwas dagegen) und ein Unentschieden im Heimspiel. Gegen das zu dem Zeitpunkt kriselnde Sevilla (ohne uns hätten sie wohl nicht ihren 7. Europa League Sieg gefeiert!) gab es einen Auswärtssieg und ein Unentschieden, ebenso wie gegen den FC Kopenhagen. Im Viertelfinale traf man dann auf Chelsea FC. Die hatten kurz vorher satte 300 Millionen in der Winterpause in den Kader gesteckt. Doch vor den West Londonern brauchte man sich wahrlich nicht zu fürchten. Leider lieferten unsere Jungs im Rückspiel eine äußert bescheidene Leistung ab (und ja der Schiedsrichter war auch ne Katastrophe!), so dass die aufgeplusterte Milliardentruppe letztendlich in die nächste Runde einzog. Im Grunde eine übliche Champions League Saison. Gruppenphase überstanden, Endstation K.O. Runde.
Das DFB Pokal Aus gegen Leipzig hinterließ einen äußerst bitteren Nachgeschmack. Zum einen war es gegen RB! Zum anderen war es spielerisch eine Vollkatastrophe. Man wurde regelrecht zerlegt und war mit nur einem 2:0 wirklich gut bedient. Von der ersten bis zur letzten Minute chancenlos! Dabei hatten sich die Bayern zu diesem Zeitpunkt bereits selbst aus dem Pokal gekegelt. Und letztendlich ist man dafür verantwortlich, dass die Brausekicker aus Sachsen erneut ihre eklige Zuckerpisse in den DFB-Pokal schütten konnten.
Das Kalenderjahr 2023 sollte einer Serie von 10 Spielen ohne Niederlage beginnen. 9 Siege und ein völlig überflüssiges Unentschieden beim Auswärtsderby. Was sich auf dem Papier überragend ließt, war in Wahrheit weit weniger souverän. Das neue Jahr begann mit zwei mühsamen Siegen über Augsburg und Mainz. In der Folge kam aber dann der Borussen-Express langsam auf Touren. Brandt, Adeyemi und Malen fingen plötzlich an zu zaubern und Haller machte seine ersten Tore. Jetzt spielte man endlich attraktiven und erfolgreichen Fußball. Es machte wieder Freude den Jungs beim kicken zuzusehen. Mit einem 6:1 Kantersieg gegen den FC setzte man sich am 25. Spieltag tatsächlich an die Tabellenspitze. Gleichermaßen wie der BVB im neuen Jahr einen Lauf entwickelte, fingen die Bayern an sich selbst zu zerlegen. Seit dem 15. Spieltag hatte Borussia 10 Punkte mehr gesammelt als Lederhosen Heinis aus München. Man fuhr also als Tabellenführer zum Bundesligagipfel in die Arroganz-Arena. Im Panik-Mode feuerten die Bayern Julian Nagelsmann und pünktlich zu unserem Spiel nahm Ex Thomas Tuchel auf der Trainerbank platz. Und ja, da war es wieder das berühmte Murmeltier! Gregor Kobel leitete mit seinem Aussetzer die übliche Niederlage bei den Bayern ein. Alle Borussen fühlten sich wieder in der Zeitschleife gefangen. Schade, die Hoffnung auf die Meisterschaft währte nur eine Woche. Aber die Bayern schienten sich standhaft gegen die 11. Meisterschaft in Folge zu wehren. Weitere Punktverluste der Bayern ermöglichten der Borussia immer wieder an den Bayern vorbeizuziehen. Doch irgendwie sollte unsere Mannschaft diese Geschenke genauso beharrlich abzulehnen. In Stuttgart und Bochum ließ man überflüssigerweise mit 2 Unentschieden 4 wichtige Punkte liegen. Es schien als würden zwei Schwergewichtsboxer taumelnd durch die 15. Runde stolpern. Am vorletzten Spieltag schienen dann die Bayern mit der Heimniederlage endgültig den entscheidenden K.O. eingesteckt zu haben. Mit letzter Kraft schleppte sich die Borussia in Augsburg zum Ziel, um wieder den Tabellengipfel zu erklimmen. Geschafft, alles in eigener Hand. Nur noch gegen Mainz gewinnen...
Stellt sich nun die Frage, haben die Bayern die Meisterschaft gewonnen, oder die Borussia die Meisterschaft verloren? Gehen wir das Ganze mal nüchtern an. Die Emotionen der letzten Woche sind verflogen, was bleibt ist das Resultat schwarz auf weiß. Eines ist für mich immer klar gewesen. Wer nach 34 Spieltagen ganz oben steht, hat die Meisterschaft verdient! Dabei ist es auch völlig egal auf welcher Art und Weise dies zu Stande kam. Unbestritten war es die beste Chance, nach endlosen 11 Jahren, die Bayern von Thron zu stoßen. Wenn die Bayern straucheln, muss die Konkurrenz da sein! Das Mantra der Liga ist in der Regel an die Adresse der Borussia gerichtet. Da die Bayern selten straucheln, ist es umso ärgerlicher dass man dies wieder nicht ausnutzen konnte. Nie war die Chance größer. Noch nie in den letzten 12 Jahren sammelten die Bayern in einer Saison so wenig Punkte (71) wie in dieser. Das es dennoch zur Meisterschaft reichte lag also nicht an den Bayern, sondern daran dass wir nicht besser waren. Statistisch gesehen haben wir eine gute Saison gespielt, mit deren Punkteausbeute wir aber kein einziges mal in den letzten 11 Jahren Meister geworden wären! Im Grunde war es eine ganz normale Saison in der die Bayern eben Meister werden und für uns der 2. Platz übrig bleibt. Während der letzten 11 Meisterschaften kam der BVB 7 mal als Zweiter ins Ziel. Es wäre wohl mittlerweile eher angebracht von „Vizemund“ als von „Vizekusen“ zu sprechen. Machen wir uns nichts vor, die Machtverhältnisse scheinen zementiert zu sein. Das wir die Schwäche der Bayern in diesem Jahr nicht ausnutzen konnten, lässt uns nichts Gutes erahnen. Die Bayern werden wieder in die gut gefüllte Geldtruhe greifen und Aufrüsten. Und mit Rafa Guerreiro wird sich wohl ein altbekanntes Muster wiederholen. So dauert es möglicherweise wieder ein Jahrzehnt, bevor sich eine Gelegenheit zur Meisterschaft bietet. Alles keine schönen Aussichten.
Und was war sonst noch so? Ein gewisser Herr Leitermann von der Dings-Bums Versicherung geht offenbar zum entspannen gerne in einen Park. Das Fußball Fans in Dortmund lieber in ein Stadion gehen, ist dem Herrn offensichtlich sauer aufgestoßen. Wehleidig, im bester hopp`scher Tradition, empfand er sein finanzielles Engagement beim BVB zu wenig gewürdigt. Wenn ihm eine Choreo mit dem Titel „Für immer Westfalenstadion“ Schmerzen bereitet, dann sollte er vielleicht mal zum Arzt gehen. Arroganz und Überheblichkeit ist womöglich in einem ambulanten Eingriff zu entfernen. Wir wünschen jedenfalls gute Besserung! Vielleicht reicht es ihm dann, dass riesige Lettern über dem Westfalenstadion seine Versicherungsklitsche bewerben. Das er exklusiv, mit dem schönsten Stadion der Welt für sein Unternehmen einen Imagetransfer in Anspruch nimmt. Da große Konzerne in der Regel wenig für Philanthropie etwas übrig haben, sollte Herr Leitermann mal die Füße stillhalten. Er kann vielleicht Namensrechte an einem Stadion erwerben, aber nicht über den Sprachgebrauch von Menschen. Und wenn sie noch so sehr jammern Herr Leitermann, ich werde auch zukünftig ins Westfalenstadion gehen. Was hat nun die Ganze Aufregung gebracht? Offensichtlich nur, das mittlerweile in der Sportschau und im Sportstudio wieder demonstrativ vom „Westfalenstadion“ die Rede ist. Da ist der Schuss offenbar nach hinten losgegangen! Und im übrigen gäbe es eine ganz einfache Lösung. Nennen sie doch einfach ihren Konzern in „Westfalen-Versicherung“ um. Problem gelöst!
Bleiben wir beim Thema Geld. Der Investoren Deal für die Auslandsvermarktungsrechte ist gescheitert! Das ist auch gut so. Auch wenn die Herren Hellmann und Watzke wie kleine Kinder trotzig schmollten, wurde der Vorschlag bei der DFL abgelehnt. Demokratie ist manchmal schon ein bisschen lästig. Wenn man seinen Willen nicht bekommt, ist das Doof! Noch dümmer ist es zukünftige Gewinne an einen Investor zu verscherbeln. Die Verteilung der 2 Milliarden wäre ohnehin nur ein Tropfen auf den heißen Stein gewesen. 60% der Erlöse sollten direkt an die Klubs ausgezahlt werden. In Zahlen: 1,2 Milliarden verteilt auf 36 Profi Klubs. Theoretisch also 33,3 Millionen pro Klub. Aber natürlich nur theoretisch. Denn natürlich wäre auch hier der altbekannte Verteilungsschlüssel zum tragen gekommen. D.h. Die reichen Klubs bekommen mehr als die armen. Nicht einmal der Liga Krösus Bayern hätte mit so einer Summe große Sprünge machen können. Bei diesen Beträgen lachen die Klubs aus der Premier League nur müde. Und genau da sind wir schon beim springenden Punkt. Das sinnlose Hinterherhecheln der Premier League. Nie und nimmer werden wir die finanziellen Möglichkeiten der Premier League erreichen. Die Distanz ist riesig und wird es auch bleiben. Dafür gibt es viele Gründe. Grundsätzlich andere Klubstrukturen und uneingeschränkte Offenheit für Investoren. Oligarchen, Kriminelle und fragwürdige Staaten sind als Geldgeber selbstverständlich willkommen. Die Vermarktung in einer englischsprachigen Welt sind sehr viel einfacher. All das hätte ein lumpiger 2 Milliarden Deal sicher nicht verändert. Verändern würde sich aber der Fußball bei uns. Mit so einem Deal wäre die Spieltagesaufsplittung nur eine Frage der Zeit. Samstags 15.30 Uhr, vielleicht ein- zweimal in der Saison. Dafür dann sonntags um 12.00 Uhr oder Samstag Abend um 22.00 Uhr. Die Begegnung Heidenheim gegen Hoffenheim hätte in China sicherlich die Massen vor den Fernseher gebannt. Darmstadt gegen Wolfsburg wäre in den USA sicherlich der heiße Scheiß gewesen. Und in Australien wären wegen Bochum gegen Augsburg wären die Kängurus im Kreis gesprungen. Abschreckende Beispiele gibt es zu Hauff. In der spanischen La Liga findet kein einzige Spiel parallel statt. Wie ein Freund neulich sagte, „...braucht kein Schwein!“
Aber machen wir uns nichts vor. Die dunklen Mächte des Fußballs werden nicht aufgeben, bevor nicht der letzte Euro ausgequetscht ist. Die Super League ist genauso wenig tot, wie die Suche nach Investoren oder den Versuch 50+1 zu kippen. Zu groß ist die Gier nach dem allmächtigen Mammon. Diese Pläne werden immer wieder erneut aus den Schubladen gezogen. Anstatt immer auf die Insel zu schielen, sollte man sich selbstbewusst auf die eigenen Stärken besinnen. Volle Stadien, eine lebendige Fankultur und eine feste Verankerung in der Gesellschaft sind viel mehr wert, als den letzten Euro aus dem Fußball zu pressen. Mir, und wahrscheinlich 95% der Fußball Fans ist es völlig wurst, ob Bayern München Chancen hat die Champions League zu gewinnen. Und ja es ist schön auf Europapokal Reisen zu gehen. Aber das ist nur die leckere Kirsche auf der Sahne. Das täglich Brot ist die Bundesliga. Und mit einem ordentlichen Belag kann man das Woche für Woche genießen. Anstatt unrealistische Fantasien aufzubauen, sollte man eher die Verteilung der Gelder in der Bundesliga gerechter machen. Es nützt keinem wenn die Bayern immer nur noch reicher werden. Ein fairer und spannender Wettbewerb erreicht man so sicher nicht. Und auch die Bayern werden dadurch nicht konkurrenzfähiger gegenüber den Premier League Klubs. Aber mit diesen Problemen werden wir uns wohl auch zukünftig auseinander setzten müssen.
So, das war`s auch schon wieder mit dem Saisonrückblick 2022/2023. Eine Saison mit Licht und Schatten und einem unschönen Ende. Wie immer bleibt zum Schluss der Blick nach Vorne. Und auch in der kommenden Spielzeit werden wir auf der Tribüne stehen und unsere Borussia anfeuern. Was dabei raus kommt, wissen wir erst in einem Jahr. Mit jeder neuen Saison beginnen neue Hoffnungen. Also bleibt gesund, lasst euch nicht unterkriegen. Forza BVB!